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Bisher hielt die Geforce GTX 280 im Preissegment über 300 Euro den Platz als schnellste und teuerste Grafikkarte. AMDs Doppel-Radeon HD 4870 X2 will ihr diesen Rang nun streitig machen.
von Florian Klein
Mit der Radeon-HD-4000-Serie konnte AMD in den vergangenen Wochen die Herzen vieler Spieler gewinnen. Die hohe Spieleleistung von HD 4850 und HD 4870 überraschte AMD laut eigenen Aussagen selbst und überrumpelte Konkurrent Nvidia. Zwar ist deren neues Flaggschiff Geforce GTX 280 etwas schneller als die HD 4870, kostete anfangs mit 550 Euro aber auch einen unverhältnismäßigen Aufpreis gegenüber der HD 4870 mit 250 Euro. Ähnlich erging es der abgespeckten GTX 260, die der HD 4870 in den meisten Benchmarks unterliegt. Das ist besonders bitter für Nvidia, da die GTX-Serie auf riesige und in der Herstellung teure Grafik-Chips mit 65 Nanometer Strukturbreite setzt, während AMD seine kleineren Radeon-Chips wesentlich günstiger im 55-nm-Verfahren fertigt. Die Leistungskrone kann die HD 4870 allerdings nicht ins AMD-Lager zurückholen - Nvidias Flaggschiff Geforce GTX 280 ist durchschnittlich knapp 10 Prozent schneller.
Der Angreifer
Zwar kauft nur ein kleiner Teil der Spieler die teuren High-End-Platinen, trotzdem ist es für einen Hersteller wichtig, die schnellste Grafikkarte auf dem Markt zu haben. Denn das färbt auf die günstigeren Modelle ab und sorgt so für höhere Verkaufszahlen. Nicht zuletzt aus diesem Grund schickt AMD nun die Dual-Radeon HD 4870 X2 ins Rennen, um Nvidias GTX 280 vom Performance-Thron zu stoßen. Die HD 4870 X2 nutzt dabei zwei RV770-Chips. Chip- und Speichertakt der beiden RV770-Kerne sind mit 750 und 1.800 MHz identisch zur HD 4870. Zwei kleine Unterschiede gibt es allerdings: Zum einen stehen jedem Chip satte 1,0 GByte statt 512 MByte GDDR5-Speicher zur Verfügung, zum anderen rüstet AMD die beiden Chips mit einer zusätzlichen internen Verbindung aus. Pünktlich zum Test schickte uns Sapphire die verkaufsfertige Radeon HD 4870 X2, die für etwa 470 Euro bereits erhältlich ist.
Die Verteidiger
Für Nvidia steigen als Vergleichskarten zwei Geforce GTX 280 in den Ring: MSIs N280GTX Super-OC für 430 Euro sowie EVGAs Geforce GTX 280 FTW für 500 Euro. Beide Platinen sind bereits vom Hersteller übertaktet und arbeiten teils deutlich schneller als das Referenzdesign von Nvidia mit 600 MHz Chip- 1.300 MHz Shader- und 2.200 MHz Speichertakt. EVGA etwa garantiert 670/1.460/2.430 MHz, MSI dagegen 700/1.400/2.300 MHz für Chip, Shader und Speicher.
Der Wettstreit
Um dem High-End-Anspruch der Kandidaten gerecht zu werden, messen wir alle Spiele zunächst in der für 22-Zoll-TFTs gängigen Auflösung von 1680x1050 Pixeln. Dann folgt die 24-Zoll-Auflösung 1920x1200 sowie 2560x1200 Pixel, die derzeit nur riesige 30-Zoll-Monitore darstellen können. Zudem schalten wir jeweils Kantenglättung (AA) und Texturschärfung (AF) hinzu, da alle Kandidaten meist genug Potential für die Bildverbesserungen besitzen.
Das Ergebnis: Alle drei Platinen im Test sind extrem schnell und werden in 1680x1050 meist von der Rechenleistung unserer Referenz-CPU Core 2 Extreme QX6850 (4x 3,0 GHz) begrenzt. Das sehen Sie daran, dass die Werte von HD 4870 X2 und den beiden GTX-280-Platinen in Unreal Tournament 3 und Call of Duty 4 in 1680x1050 Pixel praktisch gleich auf liegen. In höheren Auflösungen lässt die Radeon HD 4870 X2 die übertaktete GTX-280-Konkurrenz aber hinter sich. Das wird bereits ab 1920x1200 Pixeln deutlich und verstärkt sich, sobald Sie Kantenglättung und Texturschärfung aktivieren. In Call of Duty 4 (1920x1200, 4xAA / 8x AF) etwa mit 117,1 zu 88,1 (GTX 280 Super OC) und 86,7 fps (GTX 280 FTW). In 2560x1600 Pixel setzt sich die HD 4870 X2 dann noch weiter ab: 97,6 fps (HD 4870 X2) zu 64,2 (MSI GTX 280 Super OC) und 63,6 fps (EVGA GTX 280 FTW) in Unreal Tournament 3 sprechen eine deutliche Sprache. In Crysis zeigt sich ein ähnliches Bild, allerdings liegt die HD 4870 X2 meist leicht hinter den Geforce-Platinen. Erst in 2560x1600 kann sie sich wieder vor die Konkurrenten setzen. World in Conflict liegt der Doppel-Radeon ebenfalls nicht. Teils arbeitet sie langsamer als eine einzelne Radeon HD 4870 -- wir vermuten Treiberprobleme.
Fazit: Kann die HD 4870 X2 ihr Potential ausspielen, deklassiert sie die kräftig übertakteten Geforce-Platinen ohne Probleme. Allerdings spüren Sie die Mehrleistung in aktuellen Titeln frühestens ab der Auflösung 1920x1200 Pixel und teils sogar nur in 2560x1600 inklusive aktivierten Bildverbesserungen. Daher lohnt sich die Doppel-Radeon momentan nur für Besitzer von 24- oder gar 30-Zoll-Monitoren. Erst künftige Spiele mit noch höheren Anforderungen an die Grafikkarte werden den Leistungsvorsprung der HD 4870 X2 auch in niedrigeren Auflösungen sichtbar machen.
Die Crossfire-Nachteile
Die HD 4870 X2 überholt aufgrund der zwei Grafik-Chips die Geforce-Karten mit nur einem Chip teils deutlich. Aber nur, wenn der entsprechende Crossfire-Modus auch funktioniert. Ist das wie in World in Conflict nicht der Fall, spielen Sie mit einer Ein-Chip-Karte schneller, stromsparender und günstiger. Mit einer Dual-Chip-Karte sind Sie daher immer abhängig von aktuellen Treibern und müssen bei brandneuen Spielen häufig auf eine entsprechend angepasste Version warten, während Ein-Chip-Karten von Anfang an ihr volles Potential entfalten.
Ein weiteres Problem sind die sogenannten Mikroruckler, die bei Dual-Karten auftreten können: Beide Grafik-Chips berechnen jeweils einen Frame des Spiels im Wechsel. Durch bestimmte technische Faktoren kommen die Einzelbilder in unregelmäßigen Abständen beim Monitor an, was dem Auge als störendes Ruckeln auffallen kann. Vor allem im Bereich von 30 fps und darunter fällt das auf, bei höheren Frameraten bemerken Sie die Mikroruckler in der Regel nicht. Falls Sie den Kauf einer 3D-Karte mit zwei Grafik-Chips planen, egal ob Geforce oder Radeon, sollten Sie oben genannte Probleme in Ihre Überlegungen mit einbeziehen.
Die Kühlsysteme
Die High-End-Spieleleistung der Testkandidaten fordert ihren Preis auf der Stromrechnung. Während sich die Geforce-Platinen laut Nvidia maximal 236 Watt genehmigen, zieht die HD 4870 X2 nach Angaben von AMD bis zu 286 Watt aus der Steckdose. In unserem Testsystem verbraucht die Doppel-Radeon etwa 120 Watt mehr unter Last als die GTX 280 und stellt damit einen neuen Verbrauchsrekord auf. Im Desktop-Betrieb arbeiten alle Platinen deutlich sparsamer, hier genehmigt sich die 4870 X2 nur etwa 40 Watt mehr.
Die durch den hohen Strombedarf entstehende Hitzeentwicklung schlägt sich auch in der Lautstärke der Lüfter nieder: Unter Windows bleiben Geforce und Radeon im geschlossenen Gehäuse praktisch unhörbar. In Spielen drehen die mächtigen Kühlsysteme aber ordentlich auf: Vor allem die beiden übertakteten GTX-280-Platinen rauschen nach einigen Minuten Spielen deutlich hörbar aus dem geschlossenem Gehäuse, heulen aber wenigstens nicht nervig. Sapphires Radeon HD4870 X2 ist unter Last zwar ebenfalls hörbar, liegt aber deutlich unter dem Geräuschpegel der Geforce-Konkurrenz.
Das Ergebnis
Mit der HD 4870 X2 verdrängt AMD die Geforce GTX 280 vom Platz der schnellsten Grafikkarte. Allerdings erkauft sie sich den Sieg durch einen sehr hohen Stromverbrauch und die typischen (Treiber-)Probleme einer Dual-Chip-Karte. Außerdem lohnt die extreme 3D-Leistung derzeit erst ab einem 24-Zoll-Monitor oder größer. Der Preis von etwa 470 Euro für die getestete HD 4870 X2 von Sapphire geht unterm Strich für die gebotene Leistung aber noch in Ordnung.
Die GTX-280-Platinen sind ebenfalls sehr schnell, unterstützen aber kein DirectX 10.1 und verlieren in hohen Auflösungen ab 1920x1200 Pixel deutlich Boden auf die HD 4870 X2. Dafür haben sie jedoch nicht mit den Crossfire-Problemen der HD 4870 X2 zu kämpfen, allerdings wird der riesige Grafik-Chip unter Last sehr heiß und das Kühlsystem belastet Ohren und Nerven.
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